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Aktuelles

Brexit - Markenschutz ab 1. Januar 2021

Am 31. Januar 2020, 24 Uhr MEZ ist das Vereinigte Königreich (UK) aus der Europäischen Union (EU) ausgetreten. Hiermit trat das Austrittsabkommen zwischen EU und UK (Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft 2019/C 384 I/01 ) in Kraft, das in den Artikeln 54 ff Regelungen für Schutzrechte des geistigen Eigentums vorsieht.

Bis zum 31. Dezember 2020 galt eine im Austrittsabkommen festgelegte Übergangsphase. Während dieser Übergangsphase wurde UK noch als Mitgliedstaat der EU behandelt, so dass EU-Recht im UK unverändert weiter galt.

Seit dem 1. Januar 2021 ist diese Übergangsphase abgelaufen, so dass Unionsmarken nur noch in den (nunmehr) 27 Mitgliedstaaten der EU und nicht mehr im UK gültig sind.

Für den Schutz von Unionsmarken im UK gelten seit dem 1. Januar 2021 nach jetzigem Stand (Januar 2021) folgende Regelungen:

Eingetragene Unionsmarken

Seit dem 1. Januar 2021 bestehen für eingetragene Unionsmarken automatisch und ohne Anfall zusätzlicher Amtsgebühren zwei Marken, nämlich eine Unionsmarke mit Schutz in den 27 Mitgliedstaaten der EU und eine im “UK Trade Mark Act” als “comparable trade mark” bezeichnete nationale Marke mit Schutz im UK. Diese “comparable trade marks” werden bezeichnenderweise auch “Klone” der Unionsmarke genannt. Anmeldetag, Senioriät oder Priorität der ursprünglichen Unionsmarke bleiben erhalten. Eine Prüfung der Schutzfähigkeit nach nationalem UK-Markenrecht erfolgt nicht.

Unionsmarke und “comparable trade mark” sind fortan selbstständige Marken, müssen daher auch jeweils für sich angefochten, übertragen, lizenziert und verlängert werden.

Es werden keine Eintragungsurkunden für die “comparable trade marks” ausgestellt, doch können Details über die Marken beim Markenamt des Vereinigten Königreichs (UK Intellectual Property Office, kurz: UKIPO) abgerufen werden. Die Registrierungsnummer der im Wege der Umwandlung entstandenen “comparable trade mark” besteht aus der Registernummer der Unionsmarke mit dem Präfix UK009.

Zumindest während einer Übergangsphase von 3 Jahren nach Ablauf des Übergangszeitraums muss der Inhaber der “comparable trade mark” keine Korrespondenzadresse in UK haben (Art. 55 Absatz 2 Satz 2 des Austrittsabkommens).

Verletzungen im UK können nicht mehr aufgrund einer Unionsmarke, sondern nur noch aufgrund einer nationalen UK-Marke verfolgt werden.

Angemeldete, aber noch nicht eingetragene Unionsmarken

Anders ist die Situation für bis zum 31.12.2020 angemeldete, aber noch nicht eingetragene Unionsmarken. Es ist nicht automatisch eine UK-Marke entstanden. Wünscht der Anmelder Schutz auch im UK, muss er eine nationale UK-Marke anmelden. Meldet er innerhalb von 9 Monaten nach dem Ende der Übergangsfrist, also bis einschließlich 30. September 2021, ein identisches Zeichen für identische Waren und Dienstleistungen im UK zur Eintragung an, so kann das Anmeldedatum bzw. die Priorität der Unionsmarke für die Anmeldung der nationalen UK-Marke in Anspruch genommen werden.

Die Anmeldung wird wie eine UK-Markenanmeldung behandelt. Die Prüfung der Schutzfähigkeit der UK-Marke und die Anmeldegebühren richten sich nach nationalem UK-Markenrecht.

IR-Marken mit Schutzerstreckung auf die EU

Internationale Registrierungen (IR-Marken) mit Benennung der EU werden nach dem Brexit nicht automatisch als IR-Marken mit Benennung der EU mit 27 Mitgliedstaaten und einer getrennten Benennung von UK fortgeführt. Statt dessen werden IR-Marken, in denen die EU benannt ist, ebenso wie beim EUIPO eingetragene Unionsmarken behandelt.

Für bestehende IR-Marken mit Benennung der EU (Registrierungen, deren Schutz sich am 31. Dezember 2020 auf die EU erstreckte) wurden wie bei der eingetragenen Unionsmarke automatisch und kostenlos eigenständige “comparable trade marks”, also nationale UK-Marken, bei der UKIPO eingetragen. Die Registrierungsnummer der im Wege der Umwandlung entstandenen “comparable trade mark” besteht aus der Registernummer der IR-Marke mit dem Präfix UK008. Die Priorität einer “comparable trade mark” entspricht der der EU-Schutzerstreckung der IR-Marke.

Die “comparable trade marks” werden unmittelbar durch das UKIPO verwaltet, sind also nicht mehr in die zentrale Verwaltung der WIPO eingliedert. Anträge muss der Markeninhaber daher unmittelbar bei dem UKIPO einreichen.

Der Inhaber einer IR-Marke, der automatisch eine “comparable trade mark” erhalten hat, hat aber die Möglichkeit, den Schutz seiner internationalen Registrierung in der Weise auf UK zu erstrecken, dass diese internationale Registrierung die nationale Registrierung in UK ersetzt. Dies ist möglich durch das sogenannte “replacement” nach Artikel 4bis des Madrider Protokolls (Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken). Dieses “replacement” ist ein allgemeines Instrument des Madrider Systems, das es einem Markeninhaber ermöglicht, all seine Marken zusammenzuführen, um sie zentral von der WIPO verwalten zu lassen, um die Marken quasi “unter ein Dach” zu bringen. Dieses Instrument lässt sich auch für die durch den Brexit entstandene Situation nutzen, um unter Wahrung des Datums der internationalen Registrierung, in der die EU benannt ist – ggf. unter Berücksichtigung eines Prioritätsdatums - wieder in den Genuss der zentralen Verwaltung durch die WIPO zu kommen. Zu bedenken ist aber (so auch der Hinweis der WIPO in diesem Zusammenhang auf ihrer Homepage unter ihren FAQs, dort “Centralized management under the Madrid System for a comparable United Kingdom trademark”), dass eine nachträgliche Benennung der Prüfung durch das UKIPO unterliegt und zum Widerspruch veröffentlicht wird.

Ist die EU-Schutzerstreckung der internationalen Registrierung bereits beantragt, zum 31.12.2020 aber noch nicht gewährt worden, ist nicht automatisch eine “comparable trade mark” im UK entstanden. Wie bei der anhängigen Unionsmarkenanmeldung muss der Markenanmelder aktiv werden, um Schutz im UK zu erhalten. Er kann bis zum 30.09.2021 eine nationale Anmeldung im UK unter Beibehaltung des Anmeldedatums der IR-Marke beantragen.

Brexit und rechtserhaltende Benutzung

Jede rechtserhaltende Benutzung einer Unionsmarke in der EU, die vor dem 1. Januar 2021 erfolgt ist, d.h. auch eine solche außerhalb des UK, wird für die rechtserhaltende Benutzung der im Wege der Umwandlung entstandenen UK-Marke berücksichtigt. Der Inhaber einer “comparable trade mark” kann sich daher für die Zeit bis zum 31. Dezember 2020 auf die Benutzung in anderen EU-Ländern als UK berufen.

ABER: Zu beachten ist, dass eine Benutzung einer Unionsmarke im UK ab dem 1. Januar 2021 keine rechtserhaltende Benutzung der Unionsmarke ist.

Unionsmarkeninhaber, die ihre Marke vor allem in Großbritannien verwenden, sollten daher aktiv werden.

Verzicht auf UK-Marke/Opt-out

Markeninhaber, die im Wege der Umwandlung eine “comparable trade mark” im UK erworben haben, können auf diese verzichten. Hierzu kann ab dem 1. Januar 2021 ein sogenannter Opt-out-Antrag gestellt werden. Voraussetzung ist aber, dass die im Wege der Umwandlung entstandene UK-Marke noch nicht benutzt wurde.

Der Markenschutz im UK endet ohne Verzicht automatisch, wenn die aus der Unionsmarke abgeleitete UK-Marke nicht verlängert wird.

Fazit

Die Inhaber eingetragener Unionsmarken und IR-Marken mit Schutzerstreckung auf die EU haben am 1. Januar 2021 ihren Markenschutz im UK nicht verloren. Es ist aber ratsam, sich Klarheit über die Situation zu verschaffen und einige Punkte zu überdenken.

Inhaber angemeldeter Unionsmarken und beantragter EU-Schutzerstreckungen von IR-Marken sollten wegen des Fristablaufs am 30. September 2021 zur Beanspruchung der Priorität der EU-Anmeldung Anfang 2021 entscheiden, ob die Anmeldung einer nationalen UK-Marke erfolgen soll.

Verlängerungsfristen der “comparable trade marks” sind neben den Verlängerungsfristen für Unionsmarken und IR-Marken mit Benennung der EU zu überwachen.

Abzuwägen ist, ob “comparable trade marks” als UK-Schutzerstreckung in internationale Registrierungen eingegliedert werden sollen.

Bestehende Lizenzvereinbarungen sollten daraufhin überprüft werden, ob Zusatzvereinbarungen erfolgen müssen, um UK nach wie vor zu erfassen.

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